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Anatomische und physiologische Grundlagen
Die Bauchspeicheldrüse wird als Pankreas bezeichnet. Funktionell kann die Bauchspeicheldrüse in einen endokrinen und exokrinen Teil unterteilt werden. Das Wichtigste zur Anatomie erfährst du hier.
Das endokrine Pankreas
Dieser funktionelle Teil der Bauchspeicheldüse besteht aus den Langerhans-Inseln und produziert Hormone, die u.a. zur Regulierung des Blutzuckerspiegels nötig sind. Über diesen Teil der Bauchspeicheldrüse geht es in Teil 1.
Das exokrine Pankreas
Mit einem Anteil von ca. 80% ist dies der Hauptanteil der Bauchspeicheldrüse und besteht aus sekretorischen Zellen, die sogenannte Drüsenazini bilden. Ihre Aufgabe ist es, Verdauungsenzyme auszuschütten und diese durch ein Gangsystem ins Darmlumen zu leiten. Die Anordnung dieser Drüsenausführungsgänge sind – als Besonderheit des Hundes – sehr variabel.
Zu den Verdauungsenzymen zählen folgende Enzyme:
- Lipasen für die Verdauung von Fetten
- Trypsine für die Spaltung von Eiweiß
- Amylasen zum Aufschluss von Kohlenhydraten
Des Weiteren enthält das Pankreassekret Elektrolyte und Bicarbonat, welche einer Pufferfunktion haben und ein optimales Milieu für die Enzymaktivität herstellen. Auch der sogenannte intrinsische Faktor (intrinsic factor) wird im exokrinen Teil der Bauchspeicheldrüse gebildet und spielt eine essenzielle Rolle bei der Aufnahme von Vitamin B12.
Die Verdauungsenzyme für die Spaltung von Proteinen werden als inaktive Vorstufen produziert, um eine Selbstverdauung der Bauchspeicheldrüse zu verhindern. Die Aktivierung erfolgt erst am „Arbeitsplatz“, d.h. im Darm.
Erkrankungen des Exokrinen Pankreas
Pankreatitis und Pankreasnekrose
Eine Pankreatitis bezeichnet eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, eine Nekrose bedeutet das Absterben von Zellen.
Besonders adipöse Hunde scheinen hiervon betroffen zu sein. Die Affiliate Links für das Auftreten einer Bauchspeicheldrüsenentzündung sind vielfältig (u.a. Trauma, Verlegung eines Ausführungsgangs, Zellschädigung durch Noxen oder Medikamente) und können nicht immer ermittelt werden.
Eine akute Pankreatitis entsteht durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und aktivierter Pankreasenzyme und einer resultierenden Selbstverdauung der Bauchspeicheldrüse. Der Verlauf einer Pankreatitis variiert von mild bis lebensbedrohlich.
Betroffene Hunde zeigen meist Erbrechen, Durchfall, Inappetenz, Unruhe und abdominalen Schmerz (Bauchweh), die Symptome können jedoch auch unspezifisch sein (Apathie, Fieber). Da die Symptome allein keine Diagnose zulassen, sollte eine Pankreatitis bei allen gastrointestinalen Störungen abgeklärt werden.
Eine akute Pankreatitis kann sich im Verlauf chronisch entwickeln. Die Ursache sind meist mehrere (eher mild verlaufende) akute Entzündungen des Pankreas. In manchen Fällen führt eine chronische Pankreatitis zu einer exokrinen Pankreasinsuffizienz, auch eine Störung der endokrinen Funktion kann in Ausnahmefällen vorkommen.
Labordiagnostische Parameter
Allgemeines
Für die Diagnostik der Funktionalität des Pankreas wäre theoretisch Pankreassekret das geeignete Substrat. Da dies in der Praxis jedoch nicht durchführbar ist, greifen wir auf indirekte Methoden zurück. Im Folgenden schauen wir uns relevante Laborparameter in Blut und Kot an. Des Weiteren kommen in der Praxis auch bildgebende Verfahren (v.a. Ultraschalldiagnostik, MRT und CT) zum Einsatz.
Blutuntersuchung
Amylase/Lipase
Amylasen und Lipasen sind unspezifisch, da diese Enzyme nicht nur im Pankreas, sondern auch im Darm, in den Speicheldrüsen, in der Leber und in der Muskulatur vorkommen. Eine Erhöhung dieser Parameter kann zwar Hinweise auf das Vorliegen einer Pankreatitis geben, ist jedoch für eine sichere Diagnose nicht geeignet. Hierfür sollten pankreasspezifische Laborparameter genutzt werden, welche ich dir im Folgenden näher erläutern werde.
cTLI (Canine trypsinähnliche Immunreaktivität)
Trypsin und die inaktive Vorstufe Trypsinogen werden ausschließlich in der Bauchspeicheldrüse gebildet und sind essenziell für die Proteinverdauung. Diese beiden Werte können im Blut gemessen werden. Für eine aussagekräftige Untersuchung sollte der Hund mindestens sechs, besser aber zwölf Stunden nüchtern sein.
Erhöhte Werte kommen bei Pankreatitis vor. Da jedoch nur ca. 50 % aller Hunde diese Erhöhung in Zusammenhang mit einer Bauchspeicheldrüsenentzündung zeigen, gilt dieser Parameter nicht als zuverlässiges Diagnostikum für eine Pankreatitis. Falsch hohe Werte treten bei stark abgemagerten Hunden, bei Niereninsuffizienz oder nach der Futteraufnahme auf.
Bei einer EPI gilt die Bestimmung der cTLI als Goldstandard, da die Aussagekraft beim Hund bei annährend 100 % liegt. Beim Vorliegen einer EPI ist die cTLI deutlich und dauerhaft erniedrigt. Dieser Test eignet sich sowohl für die Diagnose der angeborenen als auch der erworbenen Pankreasinsuffizienz und wird nicht durch die Gabe von Pankreasenzymen beeinflusst.
cPLI (pankreatische Lipase Immunreaktivität)
Die Synthese der pankreatische Lipase findet ausschließlich in den Azinuszellen der Bauchspeicheldrüse statt.
Erhöhte Werte weisen auf das Vorliegen einer Pankreatitis hin, sind jedoch auch bei Erkrankungen des vorderen Dünndarms sowie bei Hepatopathien, Pankreasnekrosen und Pankreastumoren vorzufinden. Die Erhöhung der cPLI-Konzentration korreliert mit dem Grad der Zellzerstörung und Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Die Bestimmung der cPLI im Serum gilt aktuell als zuverlässigster, nicht-invasiver Test zur Diagnose einer Pankreatitis.
Erniedrigte Werte haben keine diagnostische Relevanz.
Vitamin B12/Cobalamin
Cobalamin ist ein wasserlösliches Vitamin, welches mit der Nahrung aufgenommen werden muss. Für die Resorption muss es im Darm an den „intrinsic factor“ binden, welcher aus der Bauchspeicheldrüse und dem Magenschleim stammt. Bei einer EPI wird zu wenig intrinsischer Faktor gebildet, was zu einer mangelnden Resorption von Vitamin B12 im Ileum führt.
Erhöhte Werte sind diagnostisch nicht relevant.
Erniedrigte Werte treten bei einer EPI, bei chronischen Darmentzündungen und bei Dysbiosen auf. Eine Besonderheit stellt eine erbliche Cobalamindefizienz bei Beagle, Border Collie, Shar Pei, Riesenschnauzer und Australian Shepherd dar. Ein Mangel aufgrund nutritiver (fütterungsbedingter) Ursachen ist extrem selten und tritt fast ausschließlich bei veganen und vegetarischen Rationen auf.
Kotuntersuchung
Die noch vor einigen Jahren häufig durchgeführten mikroskopischen Kotuntersuchungen wurden weitestgehend durch zuverlässigere enzymatische Untersuchungen abgelöst.
Daher wird bei einem Verdacht auf das Vorliegen einer EPI häufig die sogenannte canine Pankreas-Elastase 1 (cPE-1) im Kot bestimmt. Dieses Enzym ist verdauungsresistent, weshalb es problemlos im Kot nachgewiesen werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Elastase ausschließlich in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und daher organspezifisch ist und eine Aussage über die Sekretionsleistung des Pankreas zulässt. Bei einer EPI ist dieser Wert stark erniedrigt. Vereinzelt gibt es allerdings auch gesunde Hunde, die einen reduzierten cPE-1-Wert aufweisen. Daher sollte dieser Wert immer durch eine Bestimmung der cTLI abgeklärt werden. Falsch erniedrigte Werte treten auch bei Durchfall durch einen Verdünnungseffekt auf. Eine Substitutionstherapie mit Pankreasenzymen hat keinen Einfluss auf den Nachweis der cPE-1.
Diätische Empfehlungen als therapiebegleitende Maßnahmen
Pankreatitis
Um deinen Liebling bei einer Pankreatitis diätisch bestmöglich zu unterstützen, solltest du folgende Regeln befolgen:
- Fütterungsfrequenz: Fasten sollte unbedingt vermieden werden. Eine hohe Fütterungsfrequenz (initial alle 4 Stunden, danach mindestens 3-4x am Tag) ist anzustreben.
- Fettgehalt: Die Ration sollte einen niedrigen Fettgehalt enthalten. Als Richtwert gelten < 15 %, bzw. bei adipösen Hunden < 10 % (bezogen auf die Trockensubstanz).
- Proteinversorgung: Hochverdauliche Proteinquellen (mageres Muskelfleisch und/oder Milchprodukte der Magerstufe) sollten zum Einsatz kommen. Auf Innereien sollte verzichtet werden.
- Energiezufuhr: Kohlenhydrate sind gute Energiequellen. Geeignet sind weich gekochte Nudeln, Reis oder Kartoffeln.
- Anpassung des Ballaststoffanteils: Der Anteil an Ballaststoffen sollte gering gehalten werden. Die Ration kann mit weich gekochtem Gemüse, wie z.B. Möhren, Zucchini und Fenchel ergänzt werden.
- Zusatz von Ölen: Auf Öle sollte in der akuten Phase (4-6 Wochen) verzichtet werden. Anschließend können Öle tröpfchenweise langsam ergänzt werden.
- Fütterungshygiene: Um eine optimale Fütterungshygiene zu gewährleisten, sollte kein Rohfleisch verfüttert werden.
In der akuten Phase einer hochgradigen Pankreatitis kann eine assistierte Fütterung oder eine Fütterung per Magensonde parallel zu Infusionstherapien und starken Medikamenten nötig sein. Hierbei müssen die Patienten engmaschig tierärztlich überwacht werden.
Exokrine Pankreasinsuffizienz
Beim Vorliegen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz sind die Substitution mit Pankreasenzymen und die diätische Umstellung die wichtigsten Faktoren. Zudem ist häufig eine Gabe von Vitamin B12 nötig. Mögliche Produkte wären: Napfcheck Novomineral Enteral* (mein persönlicher Favorit), Doppelherz* oder Cobalaplex*.
Da bei etwa zwei Dritteln der von EPI betroffenen Hunde der Dünndarm infolge fehlender bakterienhemmender Stoffe im Pankreassaft mit Bakterien überwuchert ist, ist ein Darmaufbau essenziell. Wie du eine Darmsanierung richtig durchführst, erfährst du hier: https://www.vet-dogs.de/dein-hunde-braucht-eine-darmsanierung-so-klappts/
Da die Bauchspeicheldrüse bei dieser Erkrankung nicht genug Verdauungsenzyme produziert, müssen diese zugefüttert werden.
Die meisten Pankreasenzyme stammen aus der Bauchspeicheldrüse von Schlachttieren, mittlerweile gibt es jedoch auch vegane Alternativen. Die Verdauungsenzyme müssen mit dem Futter vermengt werden. Ein Stehenlassen des Gemisches zur Vorverdauung ist nicht nötig.
Häufig eingesetzte Produkte mit Pankreasenzymen sind:
Bei der Rationsgestaltung solltest du auf folgende Aspekte achten:
- Hochverdauliches Proteinquellen: Geeignet sind Muskelfleisch, Magenquark, Hüttenkäse, Ei, Hühnermägen und Herz.
- Kohlenhydrate als Energielieferanten: Hochverdauliche Kohlenhydrate wie Reis und Kartoffeln eignen sich hierfür optimal, wenn du sie sehr weich kochst (ca. 15-20min länger als üblich).
- Rohfaserarm: Der Rfa-Gehalt sollte circa 2 % der Trockensubstanz betragen.
- Moderater Fettgehalt: Werden Pankreasenzyme dem Futter zugesetzt, muss das Futter nicht mehr streng fettarm sein. Dennoch empfiehlt es sich auf einen moderaten Fettgehalt zu achten, in etwa 10-15 % der Trockenmasse sind geeignet.
- Anpassung der Futtermenge (v.a. bei Untergewicht) und Erhöhung der Fütterungsfrequenz (kleine Mahlzeiten zur Entlastung der Verdauung)
- Ergänzung von essentielle Fettsäuren (Linolsäure, Omega-3-Fettsäuren)
Quellen:
Donald McGarvin, James F. Zachary „Pathologie der Haustiere“ 1. Auflage (2009)
Kraft, U.M. Dürr „Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin“, 5. Auflage (1999)
Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.): „Praktikum der Hundeklinik“ 11. Auflage (2012)
Laboklin akutell „Pankreatitis – Pankreasinsuffizienz: was sagen uns PLI, TLI, Vitamin B12 & Co?“ (05/2016)
IDEXX Diagnostic update: „Pankreatitis und exokrine Pankreasinsuffizienz beim Hund“ (04/2019)
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